Blutdruck Messung beim Haustier

Blutdruck Messung beim Haustier

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Was ist eigentlich der Blutdruck und wie entsteht er?

Druck ist definiert als die auf eine bestimmte Fläche einwirkende Kraft. Der Blutdruck ist demnach die Kraft, die das Blut auf die Fläche der Gefäßwände ausübt. Aber wie kann Blut eine Kraft aussüben? Stellen wir uns zur Vereinfachung das gesamt Gefäßsystem als ein großes senkrecht stehendes mit Blut gefülltes Rohr vor. So übt das Blut alleine durch sein Gewicht eine Kraft auf die Wände dieses Rohres aus. In der Physik spricht man vom hydrostatischen Druck. Dieser entspricht grob vereinfacht dem diastolischen Blutdruck in der Medizin.
Bei jedem Herzschlag zieht sich der Herzmuskel zusammen (=Systole) und presst Blut in den Blutkreislauf. Durch diesen Blutausstoß wird aktiv Kraft auf das Blut und damit auf die Gefäßwand ausgeübt. Der Druck in den Arterien erhöht sich dadurch. Der Herzschlag erzeugt also den systolischen Blutdruck.
Bei der Messung des Blutdruckes wird dessen Höhe immer mit zwei Zahlenwerte angegeben: dem systolische und dem diastolischem Druck. Der systolische Wert wird zuerst genannt z.B (120/80 sprich: „120 zu 80“). Die Kraft des Blutdrucks wird dabei mit der Kraft verglichen die Quecksilber (Hg) in einem senkrecht stehendem Rohr auf dessen Wände ausüben würde und wird in Millimeter Quecksilbersäule angegeben (mmHg). Ein Blutdruck von 120/80 mmHg entspricht also der Kraft, die eine 120 mm bzw 80 mm hohe Quecksilbersäule auf die Wand eines senkrecht stehenden Rohres ausüben würde.

Wieso ist erst jetzt eine exakte Blutdruckmessung bei Tieren möglich?

Während in der Humanmedizin die Blutdruckmessung bereits seit Jahrzehnten ein unverzichtbares Untersuchungsinstrument ist, kann in der Tiermedizn erst seit Einführung der HDO Technik (High Definition Oszillometrie) der systolische UND diastolische Blutdruck genau so wie in der Humanmedizin zuverlässig gemessen werden. Da bei (kleinen) Tieren die Pulswellen oft weniger kräftig, die Herzfrequenz oft deutlich höher, die Haut meist stark behaart (Scheuerartefakte beim Puls abhören) und die Kooperationsbereitschaft oft deutlich eingeschränkt ist, konnte der Blutdruck auf herkömmliche Art bisher nicht zuverlässig bestimmen werden. Die Technik muss hier weiterhelfen. Erst Dank Entwicklung der HDO Technologie können die elektronisch gesteuerten Ventile der Druckmanschette so schnell reagieren (mehrmals pro Mikrosekunde) das ein pulsadaptiertes Ablassen des Manschettendruckes erreicht werden kann. Gleichzeitige kann die Signalverarbeitung auch schwacher Signale zuverlässig auswerten. Bewegungsartefakte, hohe Pulsfrequenzen (bis 300bpm!) und schwache Pulswellen stellen nun kein Hinderniss mehr da!

Wie wird der Blutdruck bei meinem Tier gemessen?

Die Untersuchung erfolgt wie beim Menschen am wachen, unsediertem Patienten. Es wird lediglich eine Blutdruckmanschette um die Schanzwurzel oder das Vorder- oder das Hinterbein gelegt und schon kann die Messung beginnen. Es werden anders als beim Menschen 3-5 Messungen direkt hintereinander vorgenommen, um eventuelle Fehlmessungen durch Bewegungen des Tieres zu kompensieren. Insgesamt dauert die Messung aber nur 1-2 Minuten. Die Normalwerte des Blutdrucks für Hunde sind teils rassespezifisch. Der Durchschnittswert liegt bei 133/75 mmHg. Bei Katzen gibt es keine rasseabhängigen Schwankungen. Hier liegt der Normalbereich durchschnittlich bei 124/84 mmhg.

Wieso sollte ich den Blutdruck bei meinem Tier messen lassen?

Wie in der Humanmedizin, können auch Tiere an zu hohem Blutdruck (Hypertonie) oder zu tiefem Blutdruck (Hypotonie) leiden.
Liegt eine Hypotonie (Bluttiefdruck) vor, werden lebenswichtige Organe nicht mehr durchblutet. Die Zellen dieser Organe erleiden einen Sauerstoff- und Nährstoffmangel und können im schlimmsten Fall absterben. Eine Hypotonie kann schnell zu einer lebensgefährlichen Situationen führen.
Liegt eine Hypertonie (Bluthochdruck) vor führt der ständig zu hohe Druck zur Beschädigung der Kapillargefäße in den sogenannten Endorganen und führt letztendlich zu deren Versagen. Zwar ist dies ein längerfristiger Vorgang, aber genau wie die Hypotension kann auch die Hypertension am Ende eine lebensgefährliche Situation hervorrufen.

Zu den besonders empfänglichen Endorganen gehören:

Das Auge: Durch den ständig zu hohen Druck werden die Kapillare beschädig und werden leck, Blut und Flüssigkeit treten aus den Kapillaren der Netzhaut aus und heben diese von den Nervenzellen ab, auf denen sie liegt. Die Folge ist eine scheinbar plötzliche Erblindung sowie Blutungen in das Augen Innere.

Die Nieren: Die Kapillaren der Nieren sind von einen dünnen Netz aus Zellen (Podozyten des Glomerulums) umgeben. Durch sie wird das Blut wie Kaffe durch einen Kaffefilter gepresst. Giftstoffe werden somit herausgefiltert. Durch den ständig zu hohen Druck wird dieser Filter zerstört und die Nieren können das Blut nicht weiter entgiften. Die Folge ist ein Nierenversagen das zum Tode führen kann.

Das Herz: Der erhöhte Blutdruck erschwert es dem Herzen weiteres Blut gegen diesen Druck ins Gefäßsystem zu pumpen. Die Muskulatur erfährt (durch dieses „Training“) eine Dickenzunahme wird aber gleichzeitig schlechter mit Sauerstoff versorgt. Die Folgen sind Herzmuskelschäden und Arrhythmien die zum Tode führen können.

Das ZNS: Durch die permanenten Druckbelastung reagieren die Gefäße mit einer Wandverdickung, so dass sie ihre Elastizität verlieren (Arteriosklerose), durch diesen Elastizitätsverlust wird der sogenannte Bayliss Effekt in Gehirn außer Kraft Gesetzt. Der Bayliss Effekt regelt trotz schwankender Blutdrücke eine immer konstante Durchblutung Druck empfindlicher Organe. Stiegt der Druck zu stark an reagieren die Gefäße des Gehirns normalerweise mit einer Erweiterung (Druckentlastung). Verlieren sie ihre Elastizität, kann ein zu hoher Blutdruck nicht mehr kompensiert werden. Der Druck im Gehirn steigt an und führt zu neurologischen Symptomen bis hin zum Tode.

Wie kann ich erkennen, dass mein Tier an Blutdruckproblemen leidet?

Gar nicht!, Wir empfehlen Ihnen daher, einmal jährlich bei einem Routinecheck (z.b zusammen mit der Impfung) den Blutdruck messen zu lassen oder bei bereits diagnostizierter Erkrankung (s.unten) halbjährliche Verlaufskontrolle durchführen zu lassen.
Unspezifische Symptome, die auf eine Hypotonie oder Hypertonie (bzw auf die Schädigung eines Endorgans) hindeuten können, sind: Nervosität, Unruhe, Gewichtsverlust trotz gesteigertem Appetit, massives Trinken, Hecheln, Husten, Schwindel, Taumeln/ Schwanken, plötzliche Blindheit, Blutungen in die vordere Augenkammer, Atemnot, Ohnmacht

Welche Tiere sind besonders gefährdet?

Katzen mit Schilddrüsenüberfunktion (Feline Hyperthyreose)
Bei dieser Erkrankung bildet die Schilddrüse zuviel Thyroxin (T4). Das T4 erhöht den Blutdruck indem es die Pumpleistung des Herzens erhöht (Steigerung der Herzkraft und der Schlagfrequenz) und gleichzeitig ein Zusammenziehen der Gefäßmuskulatur verursacht. Dies führt zu einer Erhöhung der Kraft und einer Verkleinerung der Fläche, der Druck steigt massiv an!
In der Regel haben erkrankte Tiere sehr viel Hunger, nehmen aber trotzdem ab, haben struppiges Fell und sind ab und zu etwas „garstig“. Die Tiere laufen unruhig hin und her und ermüden rasch. Oft sind Erbrechen und Durchfall vorhanden.

Hund und Katze mit Diabetes mellitus
Beim dieser Erkrankung liegt ein absoluter oder ein relativer Mangel an Insulin vor.
Da Insulin für die Aufnahme von Zucker (Glukose) aus dem Blut in die Zelle verantwortlich ist staut sich Zucker im Blut an. Da Zucker osmotisch aktiv ist, saugt es Flüssigkeit aus dem Körper in das Gefäßsystem wodurch die Blutmenge erhöht wird. Ebenfalls wird vermehrt das Hormon Aldosteron ausgeschieden das wiederum das Renin-Angiotensin-System (RAAS) aktiviert. Das RAAS führt zum zusammenziehen der Blutgefäße. Die Blutvolumenzunahmen bei gleichzeitig verringerter Gefäßfläche lässt den Druck steigen.
Symptomem eines Diabetes mellitus sind massives Trinken, vermehrter Harnabsatz, Abmagerung trotz vermehrten Fressens, Wundheilungsstörungen, Ausbildung eines grauen Stars

Hund und Katzen mit akutem oder chronischem Nierenversagen
Bei einem Nierenversagen kommt es zu verstärkten Natriumverlusten über den Primärharn. Dies führt zur Aktivierung des Renin-Angiotensin-System (RAAS) kommt. Die Aktivierung des RAAS-System bewirkt ein Zusammenziehen der Blutgefäße und damit eine Erhöhung des Blutdrucks in ihrem Innern.
Ihr Tier könnte ein Nierenversagen haben wenn es seit Längerem erbricht, abmagert und schlecht frisst, außerdem viel trinkt und uriniert oder kaum noch uriniert. Meist liegt ein struppiges glanzloses und teils auch schuppiges Haarkleid vor.

Hunde mit Hypothyreose (Unterfunktion der Schilddrüse)
Die Blutdrucksenkung entsteht durch einen Mangel an Thyroxin (T4), der dazu führt das die Herzfrequenz und die Schlagkraft des Herzens abnehmen. Gleichzeitig wird die Blutbildung verlangsamt, so dass es zu einer Blutarmut (Anämie) kommen kann. Blutmangel und verminderte Schlagkraft verursachen dann einen Blutdruckabfall.
Betroffene Hunde sind träge, müde und oft übergewichtig, eventuell leiden sie unter einem symetrischen Haarausfall, der auf Höhe der Flanken beginnt. Meist ist die Herzfrequenz erniedrigt und die Tiere zeigen aufgrund von Flüssigkeitseinlagerungen in die Gesichtshaut (Myxödem) einen leidend oder traurig wirkenden Gesichtsausdruck.

Hunde mit Nebennierenüberfunktion (Hyperadrenokortizimus / Cushing Syndrom)
Beim Cushing Syndrom kommt es unter anderem zu einer verstärkten Ausbildung von adrenergen Rezeptoren an der Gefäßen- und Herzmuskulatur. Diese reagieren damit sensibler auf kleine Mengen an Adrenalin und führen zur Verengung der Gefäße und zur Steigerung der Herzkraft. Außerdem wir in der Leber vermehrt Angiotensin produziert das wieder zur Aktivierung des RAAS Systems führt. Der Blutdruckt steigt!
Die klinische Symptomatik eines Cushing Syndroms ist mit vermehrtem Trinken und Fressen, vermehrtem Urinieren oder gar Inkontinenz verbunden. Betroffenen Tiere bekommen dünne Beinchen aber gleichzeitig einen dicken Bauch, die Haut wird pergamentartig dünn, meist schuppig und fettig, manchmal können Kalkablagerungen in der Haut getastet werden.